Gefangenenlager

Im zweitem Weltkrieg gab es ein Gefangenenlager in Höltinghausen. Es befand sich in einem Maststall des Bauern Franz Wendeln am Prozessionsweg. Bis zum Kriegsende waren hier ca. 40 französische Kriegsgefangene untergebracht. Darunter war ein Priester namens Robert Petit, der zunächst kurze Zeit auf dem Hof Albers arbeitete und danach zur Wirtschaft Niemann kam.

Alexa Roski, eine Tochter von Josef und Berta Niemann, erinnert sich noch gut an den Geistlichen, der im Familienkreis „use Pastor“ genannt wurde. Ihre Eltern besaßen neben der Gastwirtschaft ein Kolonialwarengeschäft und außerdem etwas Landwirtschaft. Bei den Mahlzeiten der kinderreichen Familie saß Petit immer mit am Tisch, obwohl dies eigentlich verboten war. Er lernte damals recht gut die deutsche Sprache. Die heilige Messe feierte er mit seinen Mitgefangenen zunächst in der Höltinghauser Kirche. Als dies später untersagt wurde, musste er den Gottesdienst im Lager halten.

Eines Tages im Sommer 1969 erschien Petit plötzlich mit zwei Begleitern in Höltinghausen, um bei seiner Urlaubsreis nach Deutschland seiner alten Arbeitsstätte einen Besuch abzustatten. Zunächst erkannte ihn niemand, da er als Gefangener einen Bart getragen hatte. Zu Alexa Roski, deren Eltern damals bereits verstorben waren, sagte er mehrmals: „Mutter war gut“. Er besichtigte auch sein ehemaliges Lager, das nun wieder als Maststall diente (Abb.3).

Nach seiner Rückkehr nach Frankreich bedankte er sich für die freundliche Aufnahme und übersandte einige Foto.
Dem Diözesanarchiv Versailles verdanken wir außerdem den Erinnerungsbericht eines Kameraden an Petit: Alexandre Goger, hatte mit Petit zusammen im Infanterie-Regiment Nr. 150 gedient.

Nur ein Auszug ab 10. juli 1940
Am 10. Juli: Um 5 Uhr Apell, um 9 Uhr Versammlung und Abmarsch zum Ausgang. Erneut eine Durchsuchung, um 10 Uhr sind wir von neuem außerhalb des Stacheldrahts. Ich marschiere nahe beim Oberfeldwebel Petit. Entlang des Weges finde ich Himbeeren, die ich mit ihm teile; es ist schon heiß.
Um 12 Uhr steigen wir in die Viehwaggons auf dem Bahnhof in Bremervörde. Wir haben Platz genug ; 40 Waggon und 2 Wachleute im Waggon. Um 20 Uhr 15 fährt der Zug ab, um 21 Uhr sind wir in Höltinghausen abgeliefert; wir werden auf den Bauernhöfen arbeiten.
21Uhr 30: Wir treffen im Lager „Arbeitskommando 686“ ein. Unsere Baracke ist ein Schweinestall. In jeder Box ein Bett mit einer Etage. 22 Uhr: Uns erwartet ein großer Kochtopf mit Gemüsesuppe, welche sehr willkommen ist, denn seit mehr als einem Monat sind wir auf keinem Fest mehr gewesen.
11. Juli: In Zweiergruppen zu den Bauernhöfen, ich gebe zu einem kleinen Bauernhof. Der Abbe Petit ist auf einen großen Bauernhof geraten.
14 Juli: Für unseren 14. Juli, der 1940 auf einen Sonntag fällt, haben wir an einem Ende der Baracke eine Einzäunung aus Stacheldraht gemacht, die uns als Hof dient.

Sonntag, 4. August: Der Abbe`Petit bittet darum, die Messe am Sonntag in der Kirche des Dorfes lesen zu können; es wird bewilligt.
Sonntag, 11. August: Messe um 8 Uhr: Von den 40, die wir sind, geht beinahe die Hälfte zur Messe; die anderen reinigen die Baracke. In der Folge wrden weniger als 10 zum Reinigen der Baracke bleiben.
Sonntag, 1. September: Es ist ein großer Tag, weil wir an unsere Familien schreiben.
22. September: Der Abbe`Petit arbeitet jetzt beim Kolonialwarenhändler des Dorfes. Es ist viel besser als auf dem großen Bauernhof.

Soweit der Bericht von Alexandre Goger, der offenbar auf Tagebuchaufzeichnungen beruht.
Nach dem Krieg übernahm Robert Petit verschiedene Aufgaben in der Verwaltung des Bistums Versailles. Seit 1957 Generalvikar, erhielt er 1962 von Papst Johannes XXIII. den Prälatentitel. Seinen Lebensabend verbrachte Petit als Hausgeistlicher im Kloster der Augustinerinnen in Versailles. Er starb am 19.Dezember 1986.

Quelle: Der vollständige Bericht ist im Buch Oldenburger Münsterland 2006 von Peter Sieve nachzulesen.

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